Seit Corona gibt es ein neues deutsches Wort im angelsächsischen Raum. Nach Begriffen wie Kindergarden, der German Angst und Kraut gibt es nun auch Stoßlüftung, also Stoßlüften, in korrektem Deutsch. Das verwundert nicht, hat doch die Kanzlerin höchstpersönlich Lüften als eine der effektivsten Maßnahmen gegen Corona angepriesen. Daraufhin erschien unter anderem im „Guardian“ ein Artikel über die deutsche Eigenart richtiges Lüften in der Wohnung und wir zeigen dir, was zu beachten ist.
Nun, das ist natürlich alles ein bisschen amüsant, hat aber einen relativ ernsten Hintergrund. Wegen der Corona-Pandemie sowieso, aber auch unabhängig davon ist der optimale Luftaustausch eine wichtige Sache.
Wir wollen die wichtigsten Aspekte beleuchten und dir vermitteln, wie man für ein gesundes Raumklima sorgt und was für das richtige Lüften in der Wohnung am besten beachten sollte. Wie oft soll das Fenster geöffnet werden? Wie lange muss es dann offenbleiben? Und was sind die Folgen, wenn du es nicht richtig machst.
dein heimmeister-team
Vielleicht nehmen wir es mit dem Lüften doch ein bisschen zu ernst. Wenn man sich die hochtechnolgisierten Fenster ansieht, die unterschiedliche Kippwinkel zulassen und so dick sind, wie Panzerglas, könnte man tatsächlich auf den Gedanken kommen. Es mag auch manch einer schmunzeln, wenn er in einen Neubau einzieht, mit Fenstern so dicht, dass kein Luftmolekül durchdringen kann. Dann aber ein paar Meter neben dem Fenster befindet sich ein großes Loch in der Wand, die Zwangsentlüftung. Früher hat die leichte Undichtigkeit des Fensters das automatisch reguliert.
Heute geht das so einfach nicht mehr. Energiesparen ist angesagt und deshalb muss alles dich sein. Damit es nicht schimmelt, muss dann aber wieder ein Loch hinein. Das reicht allerdings nicht für den nötigen Luftaustausch, weshalb richtiges Lüften in der Wohnung trotzdem noch ein wichtiges Thema bleibt. So wichtig, dass man dann beim Einzug in die schöne neue Neubauwohnung mit bodentiefen Fenstern ein mehrseitiges Schriftstück bekommt, mit verpflichtenden Anweisungen, wie man richtig zu lüften hat.
Nun denn, niemand will Schimmel in der Wohnung haben und eine zu hohe CO₂-Konzentration ist auch alles andere als gut. Deshalb ist es schon wichtig zu wissen, wie du richtig und effizient Lüften kannst, denn natürlich soll im Winter der Luftaustausch nicht zu unnötig hohen Heizkosten führen. Das ist weder gut für deinen Geldbeutel, noch für die Umwelt.
Inhaltsverzeichnis
Warum muss man richtig lüften?
Corona Infektionsrisiko senken
Aktuell gibt es neben den üblichen Gründen mit dem Sars-CoV-2 Virus noch einen sehr wichtigen zusätzlichen Grund regelmäßig und ausreichend zu Lüften. Es wurde festgestellt, dass Aerosole ein möglicher Übertragungsweg des Corona-Virus sind. Diese feinen Tröpfchen entstehen beim Sprechen, Atmen, Husten und Niesen. In geschlossenen Räumen verteilen sich diese Aerosole schnell im gesamten Raum und verweilen dort in der Luft. Daher empfiehlt das Umweltbundesamt regelmäßiges Lüften durch sogenanntes Stoß- und Querlüften, um das Risiko einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu reduzieren.
Hintergrund ist, dass sich die Aerosole durch den Luftzug schnell verteilen und auch nach außen getragen werden. Dadurch wird die mögliche Inhalation virentragender Tröpfchen durch eine Person reduziert, also eine deutlich geringere Virenlast aufgenommen.
Lüften senkt also das Infektionsrisiko, indem die Raumluft mit frischer Luft von außen gemischt wird und so die Konzentration der Aerosole verringert wird.
Übrigens braucht man laut Umweltbundesamt keine Angst haben, dass umgekehrt etwa Viren durch die Außenluft in den Raum hineingetragen werden.
Wenn du nicht so viel Lüften kannst oder willst, dann könnte ein Raumluftfilter interessant sein. Hier mehr dazu bei uns.
Schimmel vermeiden
Die Luft enthält Feuchtigkeit, und zwar nicht zu knapp. Abhängig von der Temperatur und der Anzahl der Personen sammelt sich zusätzlich Wasser in der Raumluft an. Das können schnell mehrere Liter werden. Dieses Wasser kannst du gerade am Winter schön an der Fensterscheibe sehen, wenn es sich dort niederschlägt. Das tut es bevorzugt an der kältesten Oberfläche. Dann nämlich kondensiert dort das Wasser aus der Luft und es wird nass. Feuchtigkeit auf Oberflächen sind aber ein exzellenter Nährboden für Bakterien und damit auch für Schimmel.
Tipp gegen Schimmelbildung im Schlafzimmer: Das Schlafzimmer ist in der Regel kühler als der Rest der Wohnung. Darum schlägt sich dort die Feuchtigkeit aus der Raumluft gerne an den Außenwänden nieder. Daher ist es wichtig, dass die Raumluft zwischen Möbeln und Wand gut zirkulieren kann. Achte deshalb auf einen Abstand von etwa zehn Zentimetern dazwischen, dann bekommst du keine Probleme.
In jeder Wohnung entsteht Feuchtigkeit. Rund zwölf Liter Wasser kommen bei einem 4-Personen-Haushalt pro Tag zusammen und die müssen durch richtiges Lüften wieder raus. Sonst lagert sich die Feuchtigkeit als Tauwasser an der kältesten Stelle im Zimmer ab – das ist besonders im Winter ein schmackhafter Nährboden für Schimmel. Bad und Küche sind normalerweise die feuchtesten Räume in der Wohnung, weshalb sie sehr anfällig für Schimmel sind. Das heißt, du solltest hier noch öfter lüften, um Schimmelbildung zu vermeiden.
Für ein gesundes Raumklima sorgen
Durch ausreichend frische Luft erhältst du ein gesundes und angenehmes Raumklima. Denn die CO₂-Konzentration sollte nicht zu hoch sein. Durch verbrauchte Luft sinkt die Sauerstoffmenge in der Luft und man fühlt sich schlapp und müde. Aber auch die Luftfeuchtigkeit spielt eine Rolle. Wenn es zu feucht ist, können sich schnell Schimmelsporen bilden und die Atemwege angreifen. Aber auch zu trockene Luft ist nicht gesund, weil dann die Atemwege schnell trocken und damit anfällig für das Einnisten von Bakterien werden.
Was ist zu beachten beim richtigen Lüften?
Wie geht richtiges lüften – die Technik
Das bloße Kippen des Fensters oder auch mehrerer Fenster ist grundsätzlich überhaupt keine gute Idee. Die Wirkung ist sehr begrenzt. Das gilt für die Ansteckungsminimierung in Bezug auf SARS-CoV-2, als auch für das richtige Lüften für normale Zwecke, was also ist zu beachten?
Stoßlüften ist dagegen viel besser! Mache dazu mindestens zwei Fenster auf und mache diese ganz auf, so weit es geht. Am besten liegen sich diese Fenster gegenüber. Das nennt man dann Querlüften, was zusammen mit Stoßlüften den effektivsten Luftaustausch ermöglicht. Denn so entsteht ein kräftiger Luftzug, der die verbrauchte und mit Aerosolen aufgeladene Luft regelrecht zum Fenster hinaus trägt. Das funktioniert am besten, wenn draußen etwas Wind geht. Daher kannst du solche Momente gut nutzen für die perfekte Lüftung in der ganzen Wohnung.
Tipp: Vergiss nicht, die offenen Fenster und Türen mit entsprechenden Stoppern oder Keilen zu sichern, wenn du Stoß-, Quer-, oder Durchzuglüftest. Sonst gibt es schnell einen lauten Knall, weil der Luftzug eine Tür oder ein Fenster mit Gewalt zuschlägt. Das kann schnell zu ernsthaften Schäden führen. Hier ist also Vorsicht geboten!
Durchzuglüften bedeutet, dass du über Räume hinweg lüftest. Dazu musst du die Innentüren weit öffnen, um für einen großzügigen gesamten Luftaustausch zu sorgen. Das heißt aber dann, dass die gegenüberliegenden Fenster in unterschiedlichen Räumen sind. Bei dem richtigen Lüften ist aber was zu beachten, denn es funktioniert nur gut, solange es einen einigermaßen direkten Luftweg gibt. Auf diese Weise schaffst du es noch besser Feuchtigkeit aus dem Schlafzimmer, der Küche und dem Bad zu bekommen.
Wie oft solltest du Lüften?
Keine Angst, es ist auch im Winter nicht nötig, zu frieren. Permanent neben einem geöffneten Fenster sitzen bis die Erkältung unvermeidlich ist, das ist auch nicht angebracht zur Minimierung des Infektionsrisikos.
Wie oft du lüften solltest, hängt von der Raumgröße ab und natürlich davon, wie viele Leute sich in dem Raum oder den Räumlichkeiten aufhalten. Das Bundesumweltamt gibt hierzu die Empfehlungen, mindestens einmal täglich zu lüften. Allerdings gilt das nur, für einen Singlehaushalt ohne Besucher. Sobald sich mehrere Leute im Raum befinden sollte öfter gelüftet werden. Bei einer größeren Anzahl von Besuchern empfiehl es sich dann, das Fenster für die Dauer des Besuches permanent offen zu lassen.
Die Arbeitsschutzrichtlinie besagt, dass Büros grundsätzlich einmal in der Stunde stoßgelüftet werden müssen und Besprechungsräumen etwa alle 20 Minuten. Wegen der derzeitigen Corona-Pandemie empfiehlt es sich aber durchaus, noch öfter die Fenster aufzureißen.
Tipp: Mit einem CO₂-Messgerät für Innenräume, einer sogenannten CO₂-Ampel, kannst du die Luftqualität überwachen und weißt, wann es Zeit ist zu lüften.
Wie lange muss das Fenster offen bleiben?
Für richtiges Lüften ist noch was zu beachten, nämlich dass die Dauer entscheidend ist. Wie eingangs schon erwähnt, ist das Dauerlüften mit gekipptem Fenster überhaupt nicht gut. Denn entscheidend ist das Volumen: In möglichst kurzer Zeit ein möglichst großes Volumen an Luft auszutauschen.
Deshalb würde deine Wohnung im Winter beim Dauerlüften einfach langsam auskühlen und du verschwendest Energie, ohne dass du einen ausreichend guten Lüftungseffekt hast. Richtiges Lüften bedeutet, regelmäßiges kurzes Stoßlüften. Beim Stoßlüften machst du deine Fenster etwa für fünf bis 30 Minuten vollständig auf und sicherst sie gegen zuschlagen. Geht es etwas genauer mit der Zeitspanne? Nun, das ist abhängig von der Raumgröße und von der Jahreszeit.
Stoßlüften gemäß Arbeitsschutz bedeutet: Im Sommer zehn Minuten, im Frühling und im Herbst fünf Minuten, im Winter drei Minuten.
Im Sommer solltest du etwa 20 bis 30 Minuten lüften. An kalten Wintertagen dagegen reichen schon fünf Minuten. Das empfehlen wir dir nicht aus Rücksichtnahme, damit du nicht unnötig frieren musst, sondern weil es aus physikalischen Gründen tatsächlich so ist. Im Winter ist die Luft draußen bekanntlich kälter, womit sich ihre Dichte deutlich von der der Innenraumluft unterscheidet. Das wiederum führt zu einem Druckunterschied und die dichtere kalte Luft drückt sich von draußen durch das offene Fenster in den Raum hinein. Im Sommer, wenn der Temperatur unterschied, gering ist, oder eben sogar die Luft draußen wärmer ist als die Innenluft, dann findet kaum ein Luftaustausch statt.
Beim richtigen Lüften ist also was zu beachten? Je größer der Temperaturunterschied von Innen- und Außenluft ist, desto besser und schneller tauscht sich die Luft aus.
Wie richtig heizen beim Lüften?
Du weißt jetzt, was zu beachten ist beim richtigen Lüften: Stoßweise so viel Luftvolumen wie möglich austauschen.
Na, das geht doch dann schnell, denkst du, da muss ich die Heizung ja gar nicht runterdrehen, für die kurze Zeit. Falsch! Wenn du das Heizungsventil nicht zudrehst, verschwendest du Energie und das macht sich auch in der Abrechnung bemerkbar. Denn sobald die kühle Außenluft hineinströmt und damit über den Heizungskörper respektive über das Thermostat wird natürlich ordentlich Gas gegeben, weil ja die Raumtemperatur gehalten werden soll. Dieses extra Energieschub geht ja dann aber direkt zum Fenster raus. Sinnvoll? Nein. Gleich nach dem Lüften kannst du dann die Heizung wieder auf die gewünschte Raumtemperatur einstellen.
Du kannst es ja auch mal testen. Du wirst sehen, es macht für die Geschwindigkeit, wie schnell der Raum wieder angenehm temperiert ist, keinen Unterschied; es wird nicht schneller wieder warm, wenn du die Heizkörper auf Hochtouren laufen lässt, während die Fenster sperrangelweit offen sind.
Überhaupt, übertreibe nicht mit dem Heizen. Eine Raumtemperatur von 18 bis 20 Grad Celsius ist völlig ausreichend und verhindert übermäßige Sporenbildung. Im Schlafzimmer dürfte eine Temperatur von rund 16 Grad völlig ausreichend sein.
Letztlich aber, mach es dir so warm wie es dir gefällt und beachte, was wir dir aufgezeigt haben, damit du richtig Lüften kannst. Das Lüften ist auch im Sommer wichtig und spielt eine große Rolle, wenn du die Wohnung kühlen möchtest.